Sorites-Paradox

Für das Sorites-Paradox gelten diese drei Prämissen, die zusammengenommen nicht vertreten werden können, weil aus ihnen logische Inkonsistenz folgt:

  P1: Ein Sandkorn allein macht noch keinen Haufen.
  P2: Eine bestimmte Menge x (wenn x nicht =1 ist)  an Sandkörnern ist ein Haufen.
  P3: Wenn ich ein Sandkorn von einem Haufen entnehme, dann habe ich immer noch einen Haufen.

  P1a: Ein Sandkorn macht noch keinen Haufen. – ist eine präzise Aussage.
  P1b: Ein Sandkorn macht noch keinen Haufen. – ist eine vage Aussage.

Wenn wir uns jetzt aber einmal die Prämisse 1. anschauen, so gehen wir wohl – so unterstelle ich – implizit davon aus, dass dies eine präzise Aussage ist. Es gilt P1a. Wenn aber P1b gelten würde, dann wäre es ja Sorites-unscharf, ob ein Sandkorn einen Haufen macht oder nicht. Manchmal wäre ein Haufen mit einem Sandkorn ein Haufen, manchmal auch nicht. D.h., dass in manchen Fällen ein einzelnes Sandkorn doch ein Haufen sein würde. Es gäbe demnach Fälle, in denen jedwede Anzahl an Sandkörnern Haufen wären. Wenn das aber der Fall wäre, dann würde das Sorites-Argument, so wie oben beschrieben, nicht funktionieren. Es wäre dann wohl nicht das Paradox, als das wir es in der Philosophie kennen.


Nochmals in anderen Worten zur Erläuterung: Wir glauben normalerweise nicht, dass ein Sandkorn ein Haufen ist. Allerdings kommen in einer Aussage, die dies behauptet die Ausdrücke ‚Sandkorn’ und ‚Haufen’ vor. Wenn wir nun davon ausgehen, dass zumindest ‚Haufen’ ein vager Begriff ist (was ja – bevor wir das Argument/Paradox ausgeführt haben – noch nicht argumentativ gezeigt wurde), so könnte man meinen, dass auch die gesamte Aussage somit nicht präzise, sondern eben vage ist.
 Man könnte also behaupten, dass das ganze Vagheits-Paradox/Argument nur funktioniert, wenn man davon ausgeht, dass die Aussage ‚ein Sandkorn ist kein Haufen’ absolut präzise ist. Wenn aber der Begriff des Haufens (oder auch des Sandkorns vage ist), könnte man das ja gar nicht präzise behaupten. Insofern behauptet man ja schon, dass es so etwas wie präzise Aussagen mit Sandkörnen und Haufen gibt.
Mein Argument wäre: Nur wenn man diese Präzision unterstellt, kann man behaupten, dass das Sorites-Paradox-Argument funktioniert und ‚Haufen’ ein vager Begriff ist. Wenn man aber Vagheit schon unterstellen würde (bei ‚Sandkorn’ und ‚Haufen’), dann würde es gar kein Paradox geben. Das Vagheits-Paradox-Argument funktioniert nur, wenn ich präzise Aussagen unterstellt. Das ist das, was ich gerne zeigen will. Allerdings – das scheint mir noch zu fehlen – muss ich mich fragen, was eine ‚vage’ oder ‚präzise Aussage’ im Unterschied zu einem ‚vagen’ oder ‚präzisen Begriff’ ist. Wenn es präzise Aussagen trotz darin enthaltenem vagen Begriff gibt, könnte man mein Argument infrage stellen. Allerdings müsste man dann Kriterien dafür angeben, wann das der Fall ist und wann nicht.


(c) Markus E. Vogt, M.A.