Heidegger, Martin (1889-1976)

In Meßkirch geboren, wirkte der Philosoph Martin Heidegger vor allem in Freiburg. Seine Philosophie ist geprägt durch die Beschäftigung mit der Ontologie (der Lehre des Seins). Seiner Meinung nach ist seine Zeit geprägt durch „Seinsvergessenheit“. Mit seinem Hauptwerk „Sein und Zeit“ wollte er den Blick wieder auf das Sein lenken und die Frage nach dem „Sinn von Sein“ stellen. Bekannt ist auch seine Liaison mit der Philosophin Hannah Arendt, mit der er verkehrte, als sie noch Studentin war.

Der Mensch ist der Nachbar des Seins.

(Quelle: Heidegger, Martin: Briefe über den Humanismus.)

Die Wissenschaft denkt nicht.

(Quelle: Heidegger, Martin: Was heißt Denken?)

Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts? Das ist die Frage.

(Quelle: Heidegger, Martin: Einführung in die Metaphysik.)

Wichtige Stationen in Martin Heideggers Leben und Werk

Martin Heidegger ist einer bekanntesten und einflussreichsten deutschen Philosophen – wobei er wohl kraft dem Hervortreten der analytischen Philosophie in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung verloren hat. Er gilt als wichtiger Vertreter der phänomenologischen Philosophie. Allerdings sieht Heidegger die Phänomenologie als keine philosophische Richtung, sondern als eine philosophische Methode an, die eigentlich jeglicher Art von Philosophie innewohnen sollte.

Er wurde in Meßkirch geboren und ist durch die dortige katholische Kultur sehr geprägt worden. Aufgrund dessen hat er wohl auch zuerst Theologie studiert, bevor er zur Philosophie (in Freiburg) wechselte. Dennoch hat Heidegger die Theologie nie negativ gesehen und war der Meinung, dass u.a. sie es war, die ihn zur Philosophie brachte. In seiner Frühzeit beschäftigte er sich u.a. mit dem Psychologismus und mit Duns Scotus. Heidegger musste auch im 1. Weltkrieg dienen, wurde aber 1918 ausgemustert.

Entscheidend und prägend war Heideggers Begegnung mit Husserl, der 1916 nach Freiburg kam. Heidegger wurde sein Assistent und wurde auch tief von dessen phänomenologischer Philosophie beeinflusst. Nach Husserl sollte die Philosophie weg vom Spekulieren wieder zu den „Sachen selbst“ kommen. Die Wissenschaft sollte sich nicht von naturwissenschaftlichen Vorurteilen, sondern von Evidenzen leiten lassen. Von Husserl übernahm Heidegger an der Phänomenologie – wenn man so will – das Lebensphilosophische. Es ging ihm nicht mehr um metaphysische, überzeitliche Wahrheiten, sondern darum, die Dinge so zu sehen, wie sie einem unmittelbar erscheinen. Damit einhergehend ging es darum, Lebenszusammenhänge per Evidenz aufzuweisen und eben nicht naturwissenschaftlich oder metaphysisch zu erklären.

Allerdings entfernte sich Heidegger philosophisch auch schon bald von Husserl, indem er die objektive Wesenheiten, die das Bewusstsein erkennen könne, ablehnte. Er betrachtete das Leben demgegenüber als Prozess, als Vollzug.

Im Jahre 1927 erschien Heideggers Werk Sein und Zeit. Dafür ist er bis heute sehr bekannt. Das mit sehr vielen Neologismen gespickte Werk („nichten“ z.B.) will vor allem die Frage nach dem Sinn von Sein stellen. Diese Frage wurde laut Heidegger in der philosophischen Tradition bisher unzureichend und teilweise gar nicht gestellt, was er mit „Seinsvergessenheit“ betitelt. Mit Sinn von Sein meint Heidegger, dass die Welt nicht einfach materiell geformt ist, sondern dass es zwischen den verschiedenen seienden Entitäten sinnhafte Bezüge untereinander gibt. Diese sinnhaften Bezüge hätten eine gewisse Einheitlichkeit, die eben das Sein ist. Heidegger geht es nun darum, diese einheitlichen Bezüge offenzulegen.

Was ihm dabei wichtig ist, dass bisher das Sein immer nur in seinem gegenwärtigen Bezug betrachtet wurde. Der Gegenstand wie er jetzt ist etc. Jedoch müssten beim Sein auch die Dinge, wie sie waren und werden offengelegt werden. Insofern hat es die bisherige philosophische Tradition es verpasst, den Zusammenhang von Sein und Zeit zu erkennen. Heidegger sieht den Gesamtzusammenhang des Seins, seine Bezughaftigkeit in der Zeit gegeben.

Wichtig ist außerdem in Sein und Zeit das Dasein. Ohne das Dasein, als das menschliche, könne man das Sein auch nicht verstehen.

Später allerdings – in den 30er Jahren – wandte sich Heidegger von Sein und Zeit ab. In seiner philosophischen „Kehre“ war ihm das Sein allerdings immer noch wichtig. Allerdings war ihm sein bisheriger Ansatz zu anthropozentrisch auf das Dasein als Sorge um das Sein und der Zeitlichkeit gewesen. Er war nun der Ansicht, dass sich Sein z.B. durch die Kunst entbergen konnte und nicht nur durch seine existentielle Struktur im Hinblick auf das Dasein. Dabei spielte für Heidegger Hölderlin und das Griechentum eine größere Rolle.

Einschneidend für Heideggers Lebensgeschichte war auch seine Wahl zum Rektor der Universität Freiburg im Jahre 1933. Er war zuerst begeistert vom Nationalsozialismus und sah in ihm eine Umdeutung der Universität in seinem Sinne, im Sinne seiner dichterischen Philosophie. Berühmt (wohl heute zweifelhaft, wie viele sagen würden) wurde seine Rede am 27. Mai 1933, seine Rektoratsrede. Er sprach über die Selbstbehauptung der deutschen Universität und meinte die Aussage über die „Größe und Herrlichkeit dieses Aufbruchs“ durchaus politisch. Er glaubte, dass die Universität wieder die Vollkommenheit wie im Griechentum erlangen konnte. In der Folge unternahm er nichts gegen den aufkeimenden Antisemitismus und gehörte zu den Unterstützern der “ Bekenntnisses der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat. Heidegger trat schon 1934 von seinem Amt als Rektor der Universität Freiburg wieder zurück, weil er seine ehrgeizigen Pläne zu einer umfassenden Bildung (auch eben im Sinne seiner Interpretation des Nationalsozialismus) nicht verwirklichen konnte. Später, nach dem 2. Weltkrieg, stellte er dies allerdings anders dar und behauptete, dass er die nationalsozialistische Hochschulpolitik so nicht mittragen konnte. Eine wirkliche Distanz vom Nationalsozialismus hat er zu seinen Lebzeiten aber nie angegeben.

Nach seinem Rücktritt widmete sich Martin Heidegger der Lehre und wurde nicht mehr politisch aktiv. In den 30ern, die er als Kehre bezeichnete (s.o.) ging er weg von der Fundamentalontologie, in der es darum ging das Sein transzendental im Sinne der Zeit auszulegen. Vielmehr nannte er seinen Ansatz nun eben „seinsgeschichtlich“: Das Sein würde sich entbergen in seinen vielfältigen Formen, nicht nur im Hinblick auf den Mensch.

Als 1944 es auf Freiburg Bombenangriffe seitens der Aliierten gab, ging Heidegger mit seinen Manuskripten und Büchern nach Meßkirch, um möglichst vor ihnen geschützt zu sein. Die Universität in Freiburg befand sich dann nicht mehr in Freiburg selbst, sondern wurde teilweise nach der Burg Wildenstein ausgelagert. Nach dem 2. Weltkrieg erlitt er (1946) einen schweren Zusammenbruch, von dem er sich schließlich aber wieder erholte. Dabei nahm er Briefkontakt mit dem französischen Philosophen und Germanisten Jean Beaufret. Heidegger antwortete ihm in einem Brief, der als „Humanismusbrief“ bekannt wurde.  Dieser Brief erschien 1947 und machte ihn wieder bekannt und rehabilitierte in in gewisser Weise philosophisch. Er konnte bis 1951 eingeschränkt lehren und wurde dato auch emeritiert. Seitdem erhielt er seine vollen Rechte als Professor wieder zurück und konnte gar Vorlesungen halten.

Nach seiner Emeritierung erfolgte eine gewisse geistige Rehabilitierung Heideggers in der Öffentlichkeit. Von einer solchen Art der Anerkennung kann man heute, spätestens seit der Veröffentlichtung der Schwarzen Hefte, nicht mehr sprechen. Es muss immer überallhin, bei aller philosophischen Leistung Heideggers, ein Fragezeichen angeheftet werden.

Heidegger hielt nach 1951 viele Vorlesungen, die regen Zulauf erhielten. Gleichzeitig pflegte er verschiedene intellektuelle Freundschaften z.B. mit Medard Boss, Paul Celan, René Char und Jean Beaufret. Er gab Interviews, z.B. für den Spiegel, und zeitenweilig trat er gar im Fernsehen auf.

Heidegger starb 1977 in Freiburg im Breisgau. Bezeichnend ist, dass er seiner Biographie, also auch seinem Tod wenig Bedeutung zumaß. Der Denker sollte zugunsten des Gedachten, des Inhalts eben zurücktreten.

Video über Martin Heidegger